Organisation der Reichsbank Das Grundkapital der Reichsbank beträgt 180 Millionen M und ist eingeteilt in 40 000 auf den Namen lautende Anteile zu je 3000 M und 60 000 zu je 1000 M.. Besitzt sie hierin und in anderen Punkten manche Ähnlichkeit mit einer Aktiengesellschaft, so unterscheidet sie sich andererseits von dieser dadurch, dass sie ihr eigenes, im Bankgesetz und Bankstatut niedergelegtes Recht hat. Die Leitung der Bank steht dem Reiche zu, Chef ist nach dem Bankgesetz (§ 26) der Reichskanzler. „Er leitet die gesamte Bankverwaltung, erlässt die Geschäftsanweisungen für das Reichsbank-Direktorium und für die Zweiganstalten, sowie die Dienstinstruktionen für die Beamten der Bank." Verwaltende, ausführende und die Bank nach außen vertretende Behörde ist das Reichsbank-Direktorium, das aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und sechs oder sieben Mitgliedern besteht, die alle auf Vorschlag des Bundesrats vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt werden. Die Aufsicht über die Bank wird gleichfalls durch das Reich ausgeübt. Sie erfolgt durch ein Kuratorium, welches aus dem Reichskanzler als Vorsitzenden und 4 Mitgliedern besteht, von denen l Mitglied vom Kaiser, die 3 anderen vom Bundesrat ernannt werden. Vierteljährlich einmal tritt das Kuratorium zusammen. „In diesen Versammlungen wird ihm über den Zustand der Bank und alle darauf Bezug habenden Gegenstände Bericht erstattet und eine allgemeine Rechenschaft von allen Operationen und Geschäftseinrichtungen der Bank erteilt." Den Anteilseignern stehen nur wenig Rechte zu: Die ihnen an der Verwaltung zustehende Beteiligung üben sie nur durch die ziemlich einflusslose, alljährlich im März stattfindende Generalversammlung aus, in der sie aus ihrer Mitte den Zentralausschuss wählen, welcher aus 15 Mitglieder" und ebensoviel Stellvertretern besteht, und der ihre ständige Vertretung gegenüber der Verwaltung bildet. Der Zentralausschuss, dessen Mitglieder sämtlich keine Besoldung oder Vergütung erhalten, versammelt sich unter Vorsitz des Reichsbankpräsidenten, wenigstens einmal monatlich, und erhält die wöchentlichen Nachweisungen über die Diskont-, Wechsel- und Lombardbestände, den Notenumlauf, die Barfonds, über Depositen, An- und Verkauf von Gold, Wechseln und Effekten vorgelegt usw. Gutachtlich ist er zu hören über die Bilanz und die Gewinnberechnung, über Abänderungen des Besoldungs- und Pensionsetats, über die Besetzung erledigter Stellen im Reichsbankdirektorium — mit Ausnahme der Stelle des Präsidenten — vor der Beschlussfassung des Bundesrats, über die Höhe des Diskontsatzes, über den Höchstbetrag, bis zu welchem die Fonds der Bank zu Lombarddarlehen verwendet werden können usw. Rechtlich notwendig ist seine Zustimmung bei Ankauf von Effekten für Rechnung der Bank (Bankgesetz §32) und bei Geschäften mit den Finanz Verwaltungen des Reiches oder deutscher Bundesstaaten. Aus der Zahl seiner Mitglieder wählt der Zentralausschuss auf ein Jahr 3 Deputierte und ebenso viele Stellvertreter, welche die fortlaufende spezielle Kontrolle über die Verwaltung der Reichsbank ausüben und allen Sitzungen des Reichsbankdirektoriums mit beratender Stimme beiwohnen. Während die Mitglieder des Zentralausschusses sich nur in bestimmten Zwischenräumen versammeln, haben die Deputierten die Pflicht, während der Geschäftsstunden im Beisein eines Mitgliedes des Direktoriums von dem Gange der Geschäfte Kenntnis zu nehmen, die Bücher und Portefeuilles der Bank einzusehen und den ordentlichen wie außerordentlichen Kassenrevisionen beizuwohnen. Geschäfte mit der Finanzverwaltung des Reiches oder eines der deutschen Bundesstaaten müssen, wenn andere als die für die Reichsbank allgemein geltenden Bestimmungen in Anwendung kommen sollen, zuvor zur Kenntnis der Deputierten gebracht und wenn auch nur ein Deputierter darauf besteht, dem Zentralausschuss vorgelegt werden. Die Verteilung des Reingewinns geschieht in folgender Weise: Die Anteilseigner, die persönlich für die Verbindlichkeiten der Bank nicht haften, erhalten zunächst eine ordentliche Dividende von 3 1/2 %. Von dem alsdann noch verbleibenden Rest erhalten die Anteilseigner l/4 und die Reichskasse 3/4. Seit dem 1. Januar 1911 wird dieser Rest jedoch um den Betrag von 10 %, den Reich und Eigner zu gleichen Teilen aufbringen, zugunsten der Reservefonds gekürzt. Die Höhe der Dividende wird vom Reichsbankdirektorium vorgeschlagen, vom Zentralausschuss begutachtet und vom Reichskanzler definitiv festgesetzt. Filialen der Bank. Die Reichsbank, welche ihre Tätigkeit mit ca. 200 Zweiganstalten begonnen hatte, hat diese Zahl heute mehr als verdoppelt. Sie benennt diese: Reichsbankdirektorium (Berlin), Reichsbankhauptstellen, Reichsbankstellen und Reichsbanknebenstellen. Außerdem gibt es in den östlichen Provinzen Reichsbankwarendepots, welche nur bestimmt sind, dem Lombardverkehr zu dienen. Reichsbankhauptstellen gibt es z. Z. 19. Sie dürfen nur „an, vom Bundesrate zu bestimmenden, größeren Plätzen" errichtet werden. Geleitet werden sie von einem aus wenigstens zwei Mitgliedern bestehenden Vorstande, beaufsichtigt durch einen vom Kaiser ernannten Bank-Kommissarius, beraten von einem Bezirksausschuss, der aus mindestens 4 und höchstens 10 Mitgliedern besteht, welche „aus den vom Bank-Kommissar und vom Zentralausschuss aufgestellten Vorschlagslisten der am Sitz der Bankhauptstelle oder in dessen unmittelbarer Nähe wohnhaften Anteilseigner ausgewählt sind". Dem Ausschuss werden in seinen monatlich stattfindenden Sitzungen die Übersichten über die Geschäfte der Bankhauptstelle und die von der Zentralverwaltung ergangenen allgemeinen Anordnungen mitgeteilt. Ebenso wie der Zentralausschuss in Berlin 3 Deputierte zur fortlaufenden Kontrolle der Geschäfte bei der Reichshauptbank wählt, so werden von dem Bezirksausschuss aus seiner Mitte 2 bis 3 Beigeordnete bestimmt, welche die fortlaufende spezielle Kontrolle über den Geschäftsgang der betr. Reichsbankhauptstelle vorzunehmen haben, soweit es ohne Störung des laufenden Geschäftes möglich ist. Die Errichtung von Reichsbankstellen (Ende des Jahres 1904 gab es 66), welche ebenso wie die Reichsbankhauptstellen dem Reichsbankdirektorium unmittelbar untergeordnet sind, erfolgt durch den Reichskanzler. Reichsbanknebenstellen sind einer anderen Zweiganstalt untergeordnet und werden durch das Reichsbank-Direktorium errichtet. Das nachfolgende Schema möge dazu dienen, sich ein klares Bild von der Organisation der Reichsbank zu machen.
|