Jeder Angehörige der Kais. Marine hatte kurz nach seinem Eintritt den
Fahneneid zu leisten. Vorher wurden ihm die Kriegsartikel vorgelesen und er
wurde mit den Berufspflichten bekannt gemacht. Mit dem Eid übernahm er vor Gott
die feierliche Verpflichtung und rief ihn als Zeuge und als Rächer der
Unwahrheit an, dem Kaiser als obersten Kriegsherren und dem Vaterland bis in den
Tod getreu zu dienen und die Ehre seiner Flagge stets zu wahren.
Wer wissentlich oder leichtfertig einen falschen Eid ablegte, machte sich des
Meineides schuldig, welches als gemeines und entehrendes Verbrechen mit
Zuchthaus bestraft wurde.
Die Eidesformel der Marine lautete:
"Ich (Vor- und Zunahme) - schwöre zu Gott dem Allmächtigen - und Allwissenden -
einen leiblichen Eid, daß ich Seiner Majestät - dem Deutschen Kaiser - Wilhelm dem Zweiten - meinem obersten Kriegsherren, - in allen und jeden Vorfällen, - zu Lande und zu Wasser, - in Kriegs- und Friedenszeiten, - und an welchen Orten - es auch immer sei, getreu und redlich dienen, - Allerhöchst dero Nutzen - und Bestes befördern, - Schaden und Nachteil - aber abwenden, - die mir vorgelesenen - Kriegsartikel - und die mir erteilten - Vorschriften und Befehle - genau befolgen - und mich so betragen will, - wie es einem rechtschaffenen - Soldaten - eignet und gebühret. -
So wahr mir Gott helfe - durch Jesum Christum - und sein heiliges Evangelium. - Amen "
Marineangehörige jüdischen Glaubens wurden mit der Eingangsformel: "Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden" und der Schlußformel: "So wahr mir Gott helfe vereidigt".
Beim Schwören wurde die bloße rechte Hand so in die Höhe gehalten, daß
die innere Handfläche dem Gesicht des Schwörenden zugekehrt war, die linke
Hand wurde auf die Flagge oder dem Säbel des die Vereidigung vornehmenden
Offiziers gelegt. Durch die körperliche Berührung der Flagge oder Säbels,
wurde der Eid "leiblich" oder wie es in Bayern hieß,
"körperlich". Die Flagge galt als Wahrzeichen militärischer Ehre,
Sinnbild der Einheit und Macht des Reiches. Deshalb wurden ihr die gleichen
Ehren wie dem Kaiser entgegengebracht. Der Eid auf die Offizierswaffe beruh auf
germanischen Brauchtum, dem sog. Schwertschwur.
Wenn größere Abteilungen vereidigt wurden, so legten nur einzelne Leute als
Vertreter für die Menge ihren Eid auf Flagge oder Säbel ab, oder der Eid
wurde angesichts der an einem Mast geheißten Kriegsflagge geleistet.
Der Eid galt als geleistet durch die Anwesenheit des Mannes. Durch etwaiges
Nichtmitsprechen der Eidesformel konnte sich niemand den Folgen des Eides
entziehen.